(3 Minuten) Unter #metwo haben in den letzten Tagen Tausende Deutsche in den sozialen Medien über ihre prägenden Erlebnisse mit Alltagsrassismus in Deutschland berichtet.
Wir, Deutsche, Migrant*innen und ich inklusive, haben Erfahrungen mit dem unter dem Hashtag geschilderten Alltagsrassismus gemacht. Wir sind auch darüber hinweggekommen. (Weh getan haben sie, aber was einen nicht umbringt, macht einen nur stärker, sagt ein deutsches Sprichwort.) Egal, wer jetzt die Mitteilungen und die Debatte in Frage stellt, es ist wichtig, das es sie gibt.
Wenn sich jetzt viele Deutsche über #metwo mitteilen, was machen die Deutschen, die die Sprüche und Beleidigungen geäußert haben? Fragen sie sich eventuell, wann sie das letzte Mal einen Mitmenschen, unfreiwillig oder bewusst, ausgrenzend behandelt oder im Job diskriminiert haben könnten? Fühlen sie sich angesprochen und betroffen, wenn sie die Tweets und Posts sehen?
Gehen wir von der Unschuldsvermutung aus, das Deutschen, die ausgrenzende Sprach- und Verhaltensmuster an den Tag legen, eventuell nicht bewusst ist, dass diese als Rassismus ausgelegt werden könnten. Über #metwo gibt es jetzt die Möglichkeit zu erfahren, das dem doch so ist, und zu zuhören.
Ein Gedanke: Im Anschluss an #metwo könnten jetzt die, die ausgrenzen über ihre Motivation sprechen, warum sie Menschen aufgrund tatsächlichen oder fiktiven Andersseins in der Gesellschaft ausgrenzen.
– Wer sich der persönlichen Nabelschau stellt, zuhört, mitteilt, macht ein Angebot, in den Dialog zu treten. Was macht den Anderen für einen selbst so gefährlich und bedrohlich? Warum brauchen wir die Abgrenzung zur eigenen Identitätssicherung? Wer oder was ist deutsch jenseits von de Maizière’s Leitkultur, Söder’s Kreuzen in Bayern und dem Seehoferschen Heimatministerium. Ursachenforschung zu betreiben, jenseits der Theorie, und Antworten auf diese Fragen zu finden, ist die jetzige Herausforderung.
– Wer die Ohren auf Durchzug stellt, sechs setzen. Ohne Worte. Wenn Politik, Medien und Gesellschaft in Teilen diese Debatte herabsetzen, ist das das Verhalten, das der AfD zuträglich ist. Ihnen den Weg ebnet, ihre xenophobe, faschistische und rassistische Ideologie zu verbreiten. Das Lächerlichmachen der Erfahrungen und der Debatte spielt den Rechten und Faschos in die Hände. Sie beklatschen den Mut, das sich jemand traut und den Mund aufmacht, wenn es nichts anderes ist als die Angst vor dem Verlust der Privilegien und der Deutungshoheit. Die Deutungshoheit über „wann können wir es Rassismus nennen“, liegt nicht bei denen, die es negieren, sondern bei denen, die davon betroffen sind. Das zu akzeptieren fällt gerade vielen Menschen in Deutschland, allen voran den Herren der BILD Zeitung, sehr schwer.
In dieser Zeit, in der die AfD erstarkt, sollten Politik, Medien und Gesellschaft die #metwo Debatte als Gesprächsangebot nehmen und nicht mit Vorwürfen, die Debatte würde die Gesellschaft spalten bzw. den Gesellschaftsfrieden stören, antworten. Zu behaupten es gebe keine Ausgrenzung und Rassismus, um dann nichts zu tun, das ist die eigentliche Gefährdung des gesellschaftlichen Friedens. (Siehe Umgang und Aufarbeitung der NSU Morde durch den Verfassungsschutz und dem Staat.)
Wenn wir jetzt über die gemachten Erfahrungen reden, dann weil es an der Zeit ist. Nicht ein hashtag und nicht das Reden über Rassismus spaltet, sondern der Rassismus als eine Form der Diskriminierung, der die Gesellschaft in wir und die Anderen spaltet.